Feiern im Grünen – das Taubertal-Festival als Umweltschutzvorbild

Von Green Camping über Ökostrom bis zu biologisch abbaubaren Showeffekten: Das Taubertal-Festival in Rothenburg ob der Tauber ist einer der Vorreiter, wenn es um den Umweltschutz auf Festivals geht. Und dennoch hat sich dieses Bewusstsein längst noch nicht bei allen Besuchern festgesetzt. Eine Herausforderung für den Umweltschutzbeauftragten und sein Team.

Feiern in der Natur – aber bitte mit Rücksicht!

09.-12. August 2018, Rothenburg o. d. Tauber

Umgeben von der Flora und Fauna des lieblichen Taubertals liegt das Taubertal-Festival inmitten eines Naturschutzgebiets. Seit Jahren zählt es zu den renommiertesten Open Airs in Deutschland. Die traumhafte Lage, die entspannte Atmosphäre und bekannte Headliner wie die Beatsteaks machen das Event zu einem Highlight im Festivalsommer der Besucher.

Jedes Jahr im August herrscht für vier Tage Ausnahmezustand auf der Rothenburger Eiswiese und den umliegenden Campgrounds. Rund 15.000 Festivalbesucher feiern gemeinsam ein großes Fest und wie bei jedem Festival dieser Größenordnung entsteht auch auf dem Taubertal eine Menge Müll. Je nach Wetterverhältnissen durchschnittlich zwischen 50 und 80 Tonnen, bei Regen und Schlamm sogar bis zu 200 Tonnen. Dies muss sich in den kommenden Jahren ändern, meint Florian Vogel, der Umweltschutzbeauftragte des Taubertal-Festivals. Er ergreift deshalb umfangreiche Umweltschutzmaßnahmen, um das Tal samt Camping Zonen während und nach der Festivalzeit vor übermäßigem Müll zu schützen.

Florian Vogel
Da unser Festival nun schon 23 Jahre alt ist und wir kontinuierlich an Umweltschutz arbeiten, haben wir einen Umweltstatus erreicht, wo wir andocken müssen und nicht nachlassen dürfen. Oben in den Camping-Bereichen habe ich sogar schon Menschen gesehen, die zum Handyladen ihre eigene Mini-Solaranlage mitnehmen. Das sind die kleinen Dinge, die funktionieren und die Umwelt schonen.
Florian Vogel alias „der Umwelt-Flo”

Umweltschutzmaßnahmen auf dem Taubertal-Festival

Als Forstbetriebsleiter im Spessart hat Florian Vogel schon immer ein ganz besonderes Verhältnis zur Natur gepflegt und möchte dieses auch beim Taubertal-Festival ausleben: Seit 2006 kommt er als Festival-Umweltschutz-Beauftragter dieser Berufung nach. Die Naturverschmutzung und Müllproduktion möchte er so gering wie möglich halten und die sensiblen Bereiche um das FFH-Gebiet, das Flora und Fauna Habitat, Taubertal schützen. Jedes Zelt, das wieder mit nach Hause genommen wird, schont nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel der Besucher. Denn durch Müllentsorgung entstehen Kosten, die wiederum auf die Festivaltickets umgelagert werden müssen: Je mehr Müll entsteht, umso teurer könnten die Festivaltickets in den nächsten Jahren werden.

Aber es ist noch nicht zu spät! Dies sind Florian Vogels wichtigste Umweltschutzmaßnahmen:

  • Müllpfand und nachhaltiges Schlemmen

    Ein ausgefeiltes Müllsammelkonzept soll die Festivalbesucher dazu bewegen, ihren Müll nachher sorgfältig an den ausgeschilderten Müllcontainern abzugeben. Jeder Camper bekommt dafür Müllsäcke gegen Pfand ausgehändigt, getrennt werden Glas und Restmüll. Die vom Veranstalter vorgegebene Bereitstellung von Holzbesteck und Paptellern durch die Foodtrucks rundet das Müllkonzept ab.

  • Ökostrom

    Der Festival-Veranstalter arbeitet eng mit Energielieferern zusammen, die nachhaltig produzierten Strom liefern. Besonders an sonnigen Tagen ist dies sehr entscheidend: Dann läuft vieles über regenerative Energien, um den Umweltverbrauch so gering wie möglich zu halten.

  • Umweltbildung

    Als eines von zwei Festivals in Deutschland hat das Taubertal-Festival noch die sogenannte „Sounds-for-Nature“-Bühne. Einst vom Bundesamt für Naturschutz gegründet, soll der Name der Bühne die Besucher immer wieder daran erinnern, wie wichtig der sorgsame Umgang mit der Naturwelt ist.

  • Sprayaktion der LOVE YOUR TENT-Initiative

    Ein klares Umdenken, Ermutigen und mehr Respekt für die Umwelt und seine Mitmenschen, das ist die Aufgabe der Aktion LOVER YOUR TENT, bei dem ein Sprayteam durch die Camping Bereiche zieht und die Camps auf Sauberkeit und Umweltfaktor bewertet. Wird ein Camp als besonders sauber und umweltfreundlich eingestuft, so werden die Zelte der Bewohner mit dem Taubertal-Festival Logo besprüht.

Ein Umwelt-Team für alle Fälle

Das Umwelt-Team um Leiterin und Organisatorin Eva Lyall sorgt dafür, dass die Festival-Zugänge, Bühnen-Bereiche und Camping Areale sauber bleiben. Zu seinen Anfängen zählte das Taubertal-Festival gerade einmal 3.000 Besucher. Mittlerweile hat sich die Anzahl an Festivalbesuchern verfünffacht und dementsprechend steht Lyall, die für die Koordination der überwiegend freiwilligen Helfer zuständig ist, jedes Jahr aufs Neue mit ihrem Team vor einer Mammutaufgabe. Denn mehr Besucher produzieren dementsprechend mehr Müll – und das rund um die Uhr.

Eva Lyall
Ich bin jedes Jahr von neuem geschockt, was da an Müll zurückbleibt. Deshalb bin ich den zahlreichen Helfern sehr dankbar und freue mich jedes Jahr über engagierte Freiwillige, die sich zum Wohle der Umwelt wirklich bücken und den Müll aufheben.
Eva LyallLeiterin des Umwelt-Teams

Natürlich kann das Umwelt-Team allein das Taubertal-Festival nicht in eine komplett müllfreie Umgebung verwandeln. Doch mit ihrem Aktionismus und von weitem an ihren grünen Team-Shirts zu erkennen, bemühen sie sich den ein oder anderen Festivalgast auf die Problematik aufmerksam zu machen und zu einem bewussteren Umgang mit den Ressourcen zu ermuntern.

Doch auch für die freiwilligen Helfer soll sich all die Mühe lohnen: Jedes Mitglied des Umwelt-Teams bekommt für seine Arbeit ein kostenloses Festivalticket und rote Helferbändchen, mit dem sie frei zelten können und mit Getränken und warmen Mahlzeiten versorgt werden.

Motiviert und ausgerüstet. Das Umwelt-Team versammelt sich am Samstagnachmittag zu ihrer zweiten Schicht vor dem Festival-Gelände.
Eva Lyall koordiniert die freiwilligen Helfer und gibt ihnen hilfreiche Tipps.
Mit knallgrüner Farbe und auffälligem Logo – das Team und seine Arbeit sollte hoffentlich allen Festivalbesuchern aufgefallen sein
Die T-Shirts für das Umwelt-Team liegen zur Anprobe bereit. Die Sammelaktion kann beginnen.
Motiviert und ausgerüstet. Das Umwelt-Team versammelt sich am Samstagnachmittag zu ihrer zweiten Schicht vor dem Festival-Gelände.

Nachhaltiges Green Camping – Kann das funktionieren?

Mittlerweile gibt es drei Green Camping Bereiche auf dem Festival, auf denen strikte „Green Camping Regeln“ wie beispielsweise ein festgelegter Nachtruhezeitraum oder das Verbot von offenem Feuer gelten. Eines dieser Camps liegt direkt am Ufer der Tauber, die anderen beiden weiter oben nahe des Steinbruch-Geländes. Aber was unterscheidet das Green Camp eigentlich von den anderen Camps und was sagen die Green Camper selbst?

Stefan (27), Mirko (45), Lukas (27), Tobias (27) und Maximi-lian (28) genießen die Ruhe und Ordnung auf den Green Camps

Stefan (27), Mirko (45), Lukas (27), Tobias (27) und Maximilian (28) genießen die Ruhe und Ordnung auf den Green Camps:

„Da wir jetzt auch nicht mehr die Jüngsten sind, sind wir froh auf dem Green Camp unsere Zelte aufzuschlagen. Hier herrscht einfach eine ruhigere Atmosphäre. Den Müll, den wir produzieren, nehmen wir nachher einfach wieder mit oder geben ihn bei den Müllcontainern ab. Denn alles rumliegen zu lassen ist nicht so die feine fränggische Art!“

Markus (35) und Stefanie (31) erwarten sich noch mehr vom Green Camping:

„Wir sind zum ersten Mal auf dem Green Camp und hier ist es schon etwas sauberer, allerdings ist da noch Luft nach oben. Trotz der „grünen“ Regeln ist das Campen noch immer mit vielen Freiheiten verbunden, z.B. durch freie Platzwahl. Das Verbot von Aggregaten und die regelmäßigen Ordnungs-Aufforderungen durch die Security und das Umwelt-Team, machen das Campen um einiges entspannter und ruhiger.“

Markus (35) und Stefanie (31) erwarten sich noch mehr vom Green Camping
Markus (35) und Stefanie (31) erwarten sich noch mehr vom Green Camping

Markus (35) und Stefanie (31) erwarten sich noch mehr vom Green Camping:

„Wir sind zum ersten Mal auf dem Green Camp und hier ist es schon etwas sauberer, allerdings ist da noch Luft nach oben. Trotz der „grünen“ Regeln ist das Campen noch immer mit vielen Freiheiten verbunden, z.B. durch freie Platzwahl. Das Verbot von Aggregaten und die regelmäßigen Ordnungs-Aufforderungen durch die Security und das Umwelt-Team, machen das Campen um einiges entspannter und ruhiger.“

Jannik (22) nimmt die Green Camping Regeln ernst

Jannik (22) nimmt die Green Camping Regeln ernst:

„Ich habe es schon auf der Hinfahrt gesehen, was da schon wieder an Zeug durch die Gegend geflogen ist. Das finde ich einfach nur assozial, das gehört nicht zum Camping. Denn das hier ist immer noch ein Feld, das unter Bewirtschaftung steht. Wir gehen nach dem Festival mit einem guten Gewissen nach Hause, denn wir nehmen alles wieder mit und verlassen unseren Campingplatz sauber!“

Julian (23), Kevin (24), Philip (22) und Micha (22) – auch auftretende lokale Bands wie Conclusion Of An Age finden das Green Camping Konzept toll:

„Wir finden die Umwelt-Aktionen hier sehr gut. Gerade weil viele Sofas, Stühle und sogar Kühlschränke auf die Campingplätze mitgenommen werden, sollte auf die Umwelt geachtet werden. Viele lassen ihr ganzes Camp dort stehen und verlassen es einfach.“

Julian (23), Kevin (24), Philip (22) und Micha (22), (Michael (20): auch auftretende lokale Bands wie Conclusion Of An Age finden das Green Camping Konzept toll
Julian (23), Kevin (24), Philip (22) und Micha (22), (Michael (20): auch auftretende lokale Bands wie Conclusion Of An Age finden das Green Camping Konzept toll

Julian (23), Kevin (24), Philip (22) und Micha (22), (Michael (20): auch auftretende lokale Bands wie Conclusion Of An Age finden das Green Camping Konzept toll:

„Wir finden die Umwelt-Aktionen hier sehr gut. Gerade weil viele Sofas, Stühle und sogar Kühlschränke auf die Campingplätze mitgenommen werden, sollte auf die Umwelt geachtet werden. Viele lassen ihr ganzes Camp dort stehen und verlassen es einfach.“

Umweltfreundliche Tipps und Tricks von den Campern

Diese Einstellung muss auch in schwierigen Wetterlagen standhalten. Gleich am ersten Festivaltag wurden die Green Camper von starken Windböen heimgesucht, viele Zelte und Pavillongestelle aber auch Bierdosen, Lebensmittel und Müllsäcke wurden vom Wind über die großflächigen Felder verweht. Während sich die einen Camper davon nicht vom Feiern abbringen ließen, ergriffen andere Festivalbesucher die Initiative und sammelten den verstreuten Müll wieder zusammen.

Man merkt also, trotz Green Camping-Schein haben einige der Festivalbesucher das Konzept noch nicht ganz verinnerlicht. Die Green Camping Fans haben uns deshalb noch einige handfeste Tipps für ein umweltfreundliches Campen auf den Weg gegeben.

Damit das Camp auch bei Unwetter standhält, lohnt sich das Fixieren mit Kabelbinder und Panzertape an der Absperrung. So bleibt alles am Fleck und kann nicht durch Wind und Wetter verweht werden. Aber Bolzenschneider nicht vergessen, damit hinterher wieder alles ordnungsgemäß abgebaut werden kann.

Gerade an den heißen Sommertagen ist der Boden sehr trocken und die Gefahr von Waldbrand ziemlich hoch. Wer trotzdem gerne mal eine rauchen möchte, kann seine Asche in eine mit Wasser befüllte Dose geben.

Nach einer ausgiebigen Mahlzeit ist das Geschirr schnell verdreckt. Wer möglichst wenig Zewa verbrauchen möchte, nutzt etwas Wasser zum Spülen und lässt das Geschirr anschließend in der Sonne trocknen.

Ob zum Trinken oder Feuer löschen in Notfällen: ein faltbarer Wasserkanister ist einfach zu transportieren, zu befüllen, einzupacken und wiederzuverwenden.

Da die Camping Bereiche ursprünglich bewirtschaftete Felder sind, sollten alle Camping-Utensilien wieder mit nach Hause genommen und der Platz sauber verlassen werden. Der übrige Müll wird in Mülltüten getrennt gesammelt und an der Müllverwertungsanlage abgegeben.

2017 ausgezeichnet, 2018 wieder am Start: Auch hier waren die LOVE YOUR TENT-Sprayer aktiv und schmückten dieses Zelt mit dem Festival-Logo.
„Seid lieb!“ - Green Camper müssen sich auf den drei Green Camp Arealen an die sieben Gebote des Green Camping halten.
Eines der Green Camps liegt idyllisch direkt an der Tauber.
Diese Camper fühlen sich sichtlich wohl auf dem Green Camp und haben sich sogar einen kleinen Vorgarten mit grünen Pflanzen errichtet.
Solarzellen vor der Kulisse der Rothenburger Altstadt. Die vielen Sonnenstrahlen kommen dem Einsatz von regenerativer Energie auf dem Festival sehr zugute.
Umweltfreundliche Installationen auf dem Green Camp: ein mit Wasser befüllter „ökologischer“ Aschenbecher und ein Zewa-Halter.
Jeder Camper bekommt mehrere Mülltüten gegen Pfand – zur Mülltrennung.
Wer braucht schon ein Auto: Zur umweltfreundlichen Fortbewegung auf dem Camping-Gelände rollt dieser Festivalbesucher mit einem Bobby Car durch die Camps.
2017 ausgezeichnet, 2018 wieder am Start: auch hier waren die LOVE YOUR TENT-Sprayer aktiv und schmückten dieses Zelt mit dem Festival-Logo.

Die Veranstalter und Organisatoren rund um das Taubertal-Festival geben sich seit Jahren viel Mühe, den Besuchern immer etwas Neues zu bieten und immer wieder neue Reize zu schaffen. Was bleibt also nach dem Taubertal-Festival hängen? Die traumhafte Aussicht auf die Rothenburger Festung, das hochkarätige Line Up, die familiäre Atmosphäre und natürlich die Ansätze für ein saubereres Festival sind nur einige der Gründe, warum das Festival seit vielen Jahren restlos ausverkauft ist. Zudem ist es ein einzigartiges Beispiel dafür, wie man Umweltschutz, Sicherheit und Spaß unter einen Hut bekommt.

Die Umweltaktionen der Veranstalter sind vorbildlich und zeugen davon, dass ihnen der Erhalt des außergewöhnlichen Veranstaltungsorts am Herzen liegt. Doch was die Organisatoren längst verinnerlicht haben, stößt bei vielen Festivalbesuchern noch auf Ignoranz. Deshalb sind die Initiativen wie das Green Camping, LOVE YOUR TENT oder der ehrgeizige Einsatz des Umwelt-Teams enorm wichtig und auch dazu da, den Feierwütigen die Grenzen ihres Feierns aufzuzeigen. Ein Umdenken im Umweltschutz ist längst überfällig und eines sollten alle Festivalbesucher möglichst bald verstehen: Der bewusste Umgang mit der Natur ist vielleicht mit mehr Eigeninitiative verbunden, aber am Ende des Tages für jeden Einzelnen nur von Vorteil.

#taubertalfestival2018

Isabella Biermeier

Luisa Filip

Janine Walter, Luisa Filip, Isabella Biermeier

(Interview)
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