Feiern für Menschenrechte: Ansbachs erster Christopher Street Day

Ende November fand in Ansbach der erste Christopher Street Day statt. Organisiert wurde er vom Ansbacher Jugendrat und dem Bunten Bündnis Ansbach. FrankenSein-Reporterin Lena war vor Ort und hat sich mit den feierwütigen Menschen unterhalten. Im Gespräch sind auch die ernsten Hintergründe der Feier zur Sprache gekommen.

Ein Christopher Street Day für Ansbach

Etwa 150 Personen waren am 30. November in Ansbach auf der Straße und demonstrierten für mehr Toleranz und Akzeptanz für die verschiedensten sexuellen Orientierungen. Milan Schildbach, seine Kollegen im Ansbacher Jugendrat und das Bunte Bündnis Ansbach haben die Veranstaltung organisiert. Im Interview mit FrankenSein spricht er darüber, mit welchen Herausforderungen die Organisatoren zu kämpfen hatten.

Portrait von Milan Schildbach

Milan Schildbach ist 22 Jahre alt und macht eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger. Der gebürtige Ansbacher ist bereits seit sieben Jahren im Ansbacher Jugendrat vertreten. Im kommenden Jahr steht er für die Offene Linke auch bei den regulären Kommunalwahlen zur Wahl.

Foto: Melanie Lay

Der Ansbacher Jugendrat wurde von der Stadt Ansbach ins Leben gerufen. In diesem Jugendparlament sind elf Jugendliche und junge Erwachsene von 14 bis 25 Jahren vertreten, gewählt wird an allen Schulen in Ansbach. Eine Amtszeit dauert zwei Jahre.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, einen Christopher Street Day in Ansbach zu veranstalten?

Die Idee gab es bereits vor einem Jahr. Mein Jugendratskollege Klaus Etteldorf und ich haben schon angedacht, ob wir so etwas nicht mal für die Community hier veranstalten wollen. Nur da war die Zeit einfach zu knapp. Und vor gut zwei, drei Monaten haben wir uns spontan überlegt: Ach, wir haben schon einen Termin im Speckdrumm reserviert für eine Party, warum machen wir daraus nicht eine CSD-Party? Aber was ist eine CSD-Party ohne den CSD-Umzug? Also machen wir auch eine Demo.
Und da sind wir dann auf die Idee gekommen, wir holen uns noch das Bunte Bündnis dazu. Das ist eine Jugendgruppe hier in Ansbach, die überparteilich agiert. Und dann haben wir uns gemeinsam zusammengehockt und das über die letzten Monate geplant.

Wie aufwändig ist es, eine solche Veranstaltung zu organisieren?

Da steckt schon wahnsinnig viel Arbeit dahinter. Jeden Abend mit der Presse kommunizieren. Dafür sorgen, dass dann alles klappt: Dass die Boxen da sind, dass die Musik läuft. Dass die Redner kommen, das ist auch ganz wichtig. Ja, und das hat alles wunderbar funktioniert für die Zeitspanne, die wir hatten. Mehr wäre kaum möglich gewesen. Ich glaube, wenn wir das nächstes Jahr größer aufziehen wollen, müssen wir eigentlich jetzt schon das Planen anfangen.

Also gibt es im nächsten Jahr wieder einen CSD in Ansbach?

Es gab schon die ersten Nachrichten, die wir uns hin und her geschickt haben. Und ja, die Planung wird vermutlich bald wieder anfangen. Dann kommt es ganz darauf an, ob wir ihn wieder im Winter machen oder halt doch im Sommer.

Gab es Probleme, mit denen ihr bei der Organisation zu kämpfen hattet?

Also das Interesse von Seiten der Jugendlichen war da, das ist wirklich lobenswert. Das kennt man gar nicht von anderen Veranstaltungen. Wir waren auch an der Hochschule bei der LGBT Community (LGBT steht für die englischen Bezeichnungen Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender). Es gab dann die vier, fünf Hauptverantwortlichen, die immer da waren bei den Treffen und die dann alles auf die Beine gestellt haben. Und wie man gesehen hat, lief das recht reibungslos: Der Aufbau hat geklappt, die Party im Speckdrumm hat geklappt.

Die Kundgebung findet auf dem Ansbacher Schlossplatz statt.
Sänger Maksim präsentiert den ersten deutschen LGBT-Weihnachtssong "Chosen Family".
Sänger Maksim präsentiert den ersten deutschen LGBT-Weihnachtssong "Chosen Family".
Auch die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ansbach hält eine Rede.
Das Duo Untold Dreams spielt politisch angehauchten Pop.
Reporterin Lena interviewt die Frauen vom Dyke March Nürnberg.
Die feiernden Menschen auf dem Ansbacher Schlossplatz

Ansbach ist als eine eher konservative Stadt bekannt. Hattet ihr da irgendwelche Bedenken? Oder hat euch das eher angespornt?

Ja, es gab Bedenken, dass überhaupt Leute erscheinen und ob es nicht Anfeindungen gibt. Und ja, Ansbach ist eine konservative Stadt und trotzdem haben wir uns gedacht: Dann erst recht! Aber wie ich gehört habe, ist im Hintergrund ja alles reibungslos verlaufen.

Oberbürgermeisterin Carda Seidel hat ein Grußwort zur Kundgebung geschickt. Wie war ihre Reaktion, als sie erfahren hat, dass ihr einen Christopher Street Day organisieren wollt?

Meine Kollegin hat mit ihr telefoniert. Sie war wirklich begeistert und hat sich selber auch gewünscht, dass sie dabei sein und auch sprechen kann. Das Ding war halt, dass es eine spontane Aktion war und so eine Oberbürgermeisterin ist halt doch gut ausgebucht.

Wie fiel die Rückmeldung aus dem Stadtrat ansonsten aus?

Ich habe mit mehreren Stadträten geschrieben und wir haben uns auch an die Parteien gewandt. Es gab nicht immer Feedback. Bei der Demonstration selbst waren Vertreter von den Grünen, von der Partei Die Linke und von der Offenen Linken da. Ansonsten habe ich da jetzt niemand anders wahrgenommen.

„Ein CSD im Winter ist ein Alleinstellungs-
merkmal.“

Wie war das Feedback, das ihr von den Besuchern bekommen habt?

Da war das Feedback sehr gut. Ich habe mich mit Menschen unterhalten, die haben gesagt: „Wow, macht das bitte nächstes Jahr nochmal.“ Und: „Wie kommt ihr überhaupt auf die Idee, einen Winter-CSD zu machen?“ Das finden die klasse, weil es doch ein Alleinstellungsmerkmal ist. Also ich habe jetzt keine negativen Nachrichten bekommen bezüglich der Veranstaltung.
Ich habe dort auch Leute gesehen, die ich auf anderen Demos noch nie gesehen habe.

Wie war das Echo aus der Ansbacher Bevölkerung?

In sozialen Medien gab es schon vereinzelt dumme Meldungen, aber die Mehrheit war da und hat einen Daumen hoch gegeben für die Veranstaltung. Der ganze CSD war sehr gut im Gespräch in Ansbach und man hat die Leute darüber reden hören, wenn man durch die Stadt gelaufen ist.

Also glaubst du, dass durch die Veranstaltung in Ansbach nun mehr über das Thema gesprochen wird?

Ich hoffe es doch sehr! Also wir haben viel Werbung gemacht, gerade online und auch die Fränkische Landeszeitung hat über uns berichtet. Und ich glaube, wir haben mit dem CSD wirklich einen kleinen Beitrag für eine tolerantere Gesellschaft geschaffen. Dass auch die konservativen Bürger hier sehen, dass es  auch in Ansbach eine LGBT-Community gibt.

Was muss aus deiner Sicht noch passieren, damit die Rechte von LGBTQ-Menschen gestärkt werden?

Ich glaube, wir bräuchten wesentlich mehr Anlaufstellen, gerade für Menschen, die transsexuell sind, da sie oft unter Depressionen leiden und die Selbstmordrate auch hier in Mittelfranken sehr hoch ist. Da gibt es auch vom Bezirk noch keine Anlaufstelle. Das ist zurzeit in der Planung und sollte auf jeden Fall zustande kommen! Dieses Thema wird noch zu wenig angesprochen in der Öffentlichkeit. Die Leute sind teilweise schon innerlich zerbrochen und wenn sie sich dann outen und nicht toleriert werden, macht das einen Menschen kaputt.

„Wir brauchen wesentlich mehr Anlauf-stellen für transsexuelle Menschen.“

Welches Fazit ziehst du aus der Veranstaltung?

Es ist klasse, dass in Ansbach so viele engagierte Jugendliche da sind und auch bei der ganzen Planung geholfen haben. Und dass sich jetzt schon so viele gemeldet haben, die nächstes Jahr dabei sein wollen. Da muss man, glaube ich, ein ganz großes Lob aussprechen. Der Tag war Feierlichkeit pur, die Veranstaltung im Speckdrumm am Abend war tolerant und war gut besucht. Keiner hat sich böse geäußert. Aber dennoch sollte man auch die schlechten, negativen Seiten sehen. Es gibt immer noch Mobbing, auch hier an den Schulen. Und wir müssen da hingucken und falls nötig auch eingreifen.

Marie Wetzel, Walid Sousa, Lena Bauer

Marie Wetzel

Jessica Moos

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