Kultur

Die Ansbacher Synagoge – Ein versteckter Schatz mit Geschichte

Ein Beitrag von Cathrin Wicke, Johanna Beer, Philipp Kimmelzwinger
Der Innenraum der Ansbacher Synagoge.

 Unauffällig reiht sich die gelb-weiße Fassade der Ansbacher Synagoge neben den Hausfassaden der anderen Gebäude in der Rosenbadstraße ein. Einzig ein Schild, auf dem in Großbuchstaben das Wort „Synagoge“ steht, gibt Aufschluss darüber, was sich hinter den Mauern befindet. 

 Auf den zweiten Blick erkennt man auch die hohen Fenster, die vermuten lassen, dass es sich hierbei um ein Gotteshaus handelt. Aber den Passanten, die die Straße durchqueren, wird dies kaum auffallen. Wenn sie wüssten, welch ein historischer Schatz sich hinter den schlichten Mauern verbirgt. Aufgrund der Anbindung an die Nachbarhäuser ist die Ansbacher Synagoge nämlich den Brandschändungen der NS-Zeit entgangen und noch immer sehr gut erhalten. Hinter der großen hölzernen Tür befinden sich pompöse Kronleuchter, die mit echten Kerzen bestückt sind. Sie hängen über den beiden Reihen brauner Holzbänke, die sich an den Außenwänden neben den deckenhohen Fenstern befinden. Die Mitte des Raumes ziert ein kunstvoller Almemor. Der ganze Raum ist in bunten Farben gehalten. „Die Farben waren mal viel leuchtender und wurden bei der Restaurierung etwas abgeändert“, beschreibt uns Alexander Biernoth, Gästeführer der Stadt Ansbach den Raum, während er uns herumführt. 

 Und der Hauptraum der Synagoge ist noch lange nicht alles. Im Süden der Synagoge schließt sich das ehemalige Haus des Synagogendieners sowie das ehemalige Haus des Schächters an. Auch das Ritualbad, die Mikwe, ist in den Katakomben noch gut erhalten. 

Vom Gotteshaus zum musealen Raum

 Finden hier noch Gottesdienste statt? „Nein“, erklärt uns Herr Biernoth. Die Synagoge ist ein musealer Raum, in dem nur noch ab und zu Gedenkveranstaltungen stattfinden. 

Die Synagoge, die wir in Ansbach besichtigen können, führt auf das Jahr 1746 zurück. Damals wurde sie nach Bauplänen des italienischen Stararchitekten Leopoldo Retti erbaut, um gemeinsame Gottesdienste zu ermöglichen. Schon im 15. Jahrhundert hielt die damalige jüdische Gemeinde Gottesdienste in Privaträumen ab, wie die Bezeichnungen „Schulklopfer“ und „Judenschulhof“ in den Überlieferungen vermuten lassen. Die Synagoge bot ihnen den Raum, dies gesammelt zu tun. 

Vertreibung und Zerstörung

Bis zur NS-Zeit: Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden in Ansbach strenge Maßnahmen gegen jüdische Einwohner durchgeführt. Zuziehende Juden erhielten wegen „außerordentlichen Wohnungsmangels“ keine Wohnungen mehr, Inserate von jüdischen Geschäften wurden von der Fränkischen Zeitung nicht mehr veröffentlicht, da dies den „Interessen des deutschen Volks und der nationalen Bewegung“ widerspräche, jüdische Händler wurden aus dem Viehhandel vertrieben, die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen wurde untersagt und 1938 klebten schon Wochen vor dem Novemberpogrom antisemitische Plakate an den Häusern der jüdischen Mitbürger. Bei dem Novemberpogrom 1938 wurden jüdische Wohnungen verwüstet, Bürger vertrieben oder in das Konzentrationslager Dachau verschleppt. 

Auch die Synagoge wurde geschändet und ihre Inneneinrichtung teilweise zerstört. Der Oberbürgermeister befolgte den Befehl, die Synagoge niederzubrennen, nur widerwillig. Dies mag aus Rücksichtnahme der anschließenden Häuser der Fall gewesen sein. Auf seinen Befehl inszenierten die SA-Leute nur einen symbolischen Brand, bei dem ein Haufen mit zertrümmerten Bänken, Thorarollen und andere religiöse Schriften in Brand gesetzt und schnell wieder gelöscht wurden. Auch wenn die Synagoge verhältnismäßig gut davongekommen ist, war sie nicht mehr für Gottesdienste verwendbar. 

Wiederaufbau der Synagoge

Lange Zeit war Stille in der Synagoge. 1939 bis 1945 wurde sie als Lebensmittellager zweckentfremdet. 1945 aber kamen zahlreiche Displaced Persons wie KZ-Überlebende und jüdische Flüchtlinge aus Osteuropa wieder zurück. Ab Mai 1946 wurden in der Ansbacher Synagoge wieder einige gottesdienstliche Feiern abgehalten. Anfang Juli 1949 wurde die Synagoge nach Abschluss einer umfassenden Renovierung wieder offiziell als Gotteshaus eingeweiht. Eine jüdische Gemeinde bildete sich aufgrund der anhaltenden antisemitischen Haltung der Bevölkerung jedoch nicht. 

Da die Zahl jüdischer Einwohner in den 1950er- und 1960er-Jahren ständig zurückging und ein Wiederentstehen einer jüdischen Gemeinde nicht erwartet werden konnte, wurde die Synagoge 1964 zu einem „musealen und symbolischen Gotteshaus“ erklärt und unter die Obhut des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern gestellt. Seit 1985 wurden über die Jahre umfassende Renovierungsmaßnahmen des Synagogengebäudes vorgenommen. 

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