Kaspar Hauser: Ein Mythos lebt

Die Geschichte von Kaspar Hauser fasziniert bis heute. Vor allem in Ansbach ist das Findelkind allgegenwärtig. Seit Hauser 1828 in Nürnberg aufgetaucht war und wenige Jahre später in Ansbach niedergestochen wurde, konnte seine Herkunft nie geklärt werden. War er wirklich ein Nachfahre aus dem Hause Baden oder doch nur ein geschickter Schwindler?

Ein verwahrloster Junge wird am 26. Mai 1828 in den Straßen von Nürnberg aufgegriffen. Er kann kaum reden und gehen, behauptet aber, „Kaspar Hauser“ zu heißen. Die Leute sind fasziniert und reißen sich darum, den eigenartigen Jungen zu Gesicht zu bekommen. Schnell gehen Gerüchte herum, bei dem Sonderling handle es sich um den Sohn des Großherzogs von Baden. Dieser soll kurz nach seiner Geburt gegen einen toten Säugling ausgetauscht worden sein, um einer Nebenlinie den Weg auf den Thron freizumachen. Jahrelang soll das ungeliebte Kind ohne soziale Kontakte zu Menschen festgehalten worden sein.

Nachdem Kaspar Hauser 1829 einen ersten Anschlag überlebt hatte, kam er zu seiner eigenen Sicherheit nach Ansbach. Einige Jahre blieb es ruhig um ihn – bis zum 14. Dezember 1833. An diesem Tag lockte ein Unbekannter den 21-Jährigen unter einem Vorwand in den Ansbacher Hofgarten und stach ihn nieder. Wenige Tage später erlag Hauser seinen schweren Verletzungen.

Wie das Findelkind die Menschheit bewegt

Bis heute ist das Interesse an der Person Kaspar Hauser nicht weniger geworden. Unzählige Berichte befassen sich mit dem Thema. Kreative schufen Filme und Theaterstücke. Sogar eine psychische Erkrankung wurde nach dem Findling benannt. Mit dem „Kasper-Hauser-Syndrom“ beschreiben Ärzte eine schwere Entwicklungsstörung bei Kindern. Verursacht wird dies durch Vernachlässigung, mangelnde Pflege und Liebesentziehung im frühen Kindesalter.

Nur warum bekommt der Fall Kaspar Hauser heute noch so viel Aufmerksamkeit? Alexander Biernoth, Stadtführer in Ansbach, hat darauf eine klare Antwort:

Es ist diese ganze Detektivgeschichte, die spannend ist: Die Verwicklung von Adelshäusern, die politische Komponente und die dynastischen Bestandteile. Natürlich fasziniert auch die menschliche Tragödie die Leute bis heute.“

Neben der These, dass es sich bei Kaspar Hauser wirklich um einen Erbprinzen handelt, gibt es auch die Vermutung, dass er schlichtweg ein gerissener Betrüger war. Alexander Biernoth glaubt das jedoch nicht: „Dafür gibt es zu viele Zufälle in der ganzen Geschichte. Auch die Gen-Untersuchungen, gerade die letzte Begutachtung vom ZDF 2002, hat erwiesen, dass es sehr große Ähnlichkeiten zu dem Adelshaus gibt.“ Kaspar Hauser könnte somit wirklich der vermutete Erbprinz sein. Das Haus Baden will sich jedoch bis heute nicht zu den Vermutungen äußern.

Des Rätsels Lösung

Final klären könnten Forscher das Geheimnis in Pforzheim. Dort liegt im Grab in der Schlosskirche die vermeintliche Mutter von Kaspar Hauser und daneben das ausgetauscht geglaubte Kind.

Bei der Aufklärung des Rätsels ginge allerdings der gesamte Mythos verloren. Das Faszinierende an dem Findling ist schließlich immer noch sein Geheimnis. Auch Ansbach profitiert von dem Rätselraten um Kaspar Hauser. Ohne ihn würde hier etwas fehlen. Diese Meinung vertritt auch Alexander Biernoth, denn der Sonderling ist die touristische Attraktion in der Residenzstadt. Jeder kennt das merkwürdige Findelkind.

Kaspar Hauser bleibt ein sonderbarer Mensch, der zum Symbol, zum Mythos wurde. Solange das Rätsel seiner unbestimmten Herkunft nicht geklärt wird, zieht er wohl noch lange die Aufmerksamkeit auf sich. Doch wollen wir das Geheimnis wirklich lösen?

Wer sich auf die Spuren von Kaspar Hauser begeben möchte, findet hier einen kleinen Rundgang.

Frederike Erdtmann

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