Wo ist die Grenze?

Rotweinnipper oder Dauerkipper? Überspringer oder Runterspringer? Traumfigur oder Knochen pur? Wo ist die Grenze zwischen Normalität und krankhaftem Verhalten? Das ist häufig schwierig zu beantworten. Eine Kampagne der Bezirkskliniken Mittelfranken soll die Bevölkerung auf die Thematik der psychischen Krankheiten aufmerksam machen, Stigmatisierung aufheben und ein Wegschauen der Menschen verhindern.

Wo ist die Grenze? Diese Frage stellen die prägnanten Postkarten der Anti-Stigma-Kampagne der Bezirkskliniken Mittelfranken. Die Grenze zwischen gesundem Alkoholgenuss und Sucht, die Grenze zwischen beruflichem Engagement und Burnout, die Grenze zwischen einer schlanken Figur und Magersucht – es ist nicht immer leicht zu erkennen, wann ein bestimmtes Verhalten krankhaft ist.

„Die Kampagne verfolgt drei Ziele“, so Dr. Ariane Peine. Die Leiterin der Stabstelle Marketing und Kommunikation der Bezirkskliniken Mittelfranken erklärt: „Sie soll auf psychische Krankheiten aufmerksam machen, über die Thematik informieren und Betroffenen einen schnellen Weg zu Hilfe zeigen.“

Psychische Krankheiten sind ein Tabuthema

Denn psychische Erkrankungen sind immer noch nicht in der Öffentlichkeit akzeptiert. Wer körperliche Beschwerden hat, scheut sich nicht davor zum Arzt zu gehen. Bei psychischen Problemen ist die Hemmschwelle immer noch höher. „Diese Erkrankungen gehören genauso zum Leben wie körperliche Krankheiten“, sagt Ariane Peine. In der Kampagne sind Depression, Alkoholsucht, Burnout und Magersucht dargestellt. „Diese Krankheitsbilder lassen sich gut abbilden. Sie stehen aber stellvertretend für alle psychischen Erkrankungen.“

Wer an einer psychischen Krankheit leidet, wird immer noch in eine Schublade gepackt – diese Stigmatisierung soll durch die Kampagne aufgehoben werden. „Betroffene sollen ohne Hemmungen zu einem Arzt gehen können, wenn sie Symptome einer Depression oder einer Sucht erkennen“, sagt Ariane Peine. Auch den Angehörigen soll der Umgang mit der Erkrankung vereinfacht werden: „Wir wollen ihnen zeigen: Sie sind nicht alleine.“

Aufmerksamkeit durch Plakate, Postkarten und Veranstaltungen

Wo ist die Grenze? “ ist das Ergebnis eines Markenprozesses, den die Bezirkskliniken Mittelfranken durchlaufen haben. Die Krankenhäuser in Ansbach, Erlangen, Engelthal, Fürth, Nürnberg, Neustadt an der Aisch und Weißenburg sind auf das Fachgebiet Psychiatrie spezialisiert. Bei einer Umfrage unter den Mitarbeitern kam heraus, dass es wichtig ist, die Markenbotschaft in die Öffentlichkeit zu transportieren und über psychische Krankheiten aufzuklären. Daraufhin entwickelten die Kliniken die provokante Kampagne.

In Zusammenarbeit mit Vereinen, die sich um psychisch kranke Menschen und deren Angehörige kümmern, entstanden die Postkarten und Plakate. Sie sind als Hingucker in ganz Mittelfranken zu sehen.

Silberner Klinik Award für Bezirkskliniken Mittelfranken

„Der Erfolg der Kampagne lässt sich nur schwer messen“, so Dr. Ariane Peine. Allerdings können sich die Bezirkskliniken über größtenteils positives Feedback freuen, verrät die Leiterin der Marketingabteilung. Das Engagement wurde sogar mit dem silbernen Sonderpreis des Klinik Awards 2017 ausgezeichnet – ein Preis für das beste Klinikmarketing.

„Eine Kampagne in dieser Art gab es bislang in der Region Mittelfranken nicht“, sagt Dr. Ariane Peine. Zwar wurden einzelne Punkte wie Depressionen oder Burnout bereits öffentlich thematisiert, doch eine umfassende Plakataktion dieser Art zu psychischen Erkrankungen war in Deutschland neu. „In der Schweiz haben wir im Internet eine ähnlich aufrüttelnde Kampagne gefunden, aber in Deutschland ist das Konzept bislang einzigartig.“

Im Rahmen der Aktion „Wo ist die Grenze?“ finden regelmäßig Kinoveranstaltungen, Vorträge zu Krankheitsbildern und Messeauftritte statt und leisten Anti-Stigma-Arbeit. Das Forum Essstörungen lädt am 14. November um 19 Uhr in die Kammerspiele Ansbach ein. Die ehemals magersüchtige und Bulimiekranke Sonja Vukovic liest aus ihrer Autobiographie „Gegessen: Wer schön sein will, muss leiden, sagt der Schmerz…“. Am 4. April 2019 starten die „Irren Nächte 2019“ mit dem Film „Lars und die Frauen“ sowie die Vortragsreihe „Seelische Gesundheit im Gespräch“.

Die genauen Termine stehen Anfang des kommenden Jahres auf der Internetseite www.bezirkskliniken-mfr.de/veranstaltungen.

Dort finden sich auch weiterführende Informationen zu psychischen Erkrankungen und Hilfsangeboten, um Betroffene aus der Stigmatisierung zu befreien.

Lisa Vogel

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