Natur

Projekt Lebensräume – Biodiversität in Röckingen

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Die Gemeinde Röckingen wertet seit vielen Jahren ihre landwirtschaftlichen Flächen am Fuße des Hesselbergs  im Sinne der Biodiversität und Artenvielfalt auf. 2016 wurde unter fachlicher Begleitung das Projekt Lebensräume initiiert.  FrankenSein war zu Gast in dem Dorf, das im westmittelfränkischen Raum als Vorreiter für biologische Vielfalt gilt.

Die bayerische Biodiversitätsstrategie verfolgt das Ziel, dass Lebensräume von Arten, für die Bayern eine besondere Eigenverantwortlichkeit hat,  erhalten, wiederhergestellt und verbessert werden. Dies ist nur im Zusammenspiel mit Waldbesitzern und Landwirten möglich. FrankenSein hat daher Landwirt Friedrich Tremel besucht, der selbst Besitzer von mehreren Feldern und Wiesen in der Gemeinde Röckingen ist.

Der Begriff Biodiversität umfasst die Vielfalt an Lebewesen/Arten, die Vielfalt innerhalb dieser Arten sowie die Vielfalt an Ökosystemen.

Um eine strukturreiche und funktionsfähige Kulturlandschaft zu gewährleisten und Artenvielfalt in der Agrarstruktur sicherzustellen, hat die  Gemeinde Röckingen im Zuge des Projekts Lebensräume einige wildlebensraumverbessernde Maßnahmen umgesetzt. Es wurden u. a. Flächen  extensiviert und mit Blühmischungen aufgewertet, Obstbäume gepflanzt und Nistkästen angebracht. Auch der Schutz der Gewässer und die Pflege  von Dauerstrukturen wie Hecken haben in der 700-Einwohner-Ortschaft hohe Priorität. Bürgermeister Martin Schachner geht es zusätzlich darum,  in seiner Gemeinde das Bewusstsein und die Wertschätzung für den Erhalt der Biodiversität zu stärken und zugleich die Dorfgemeinschaft zu fördern.  Gegenüber FrankenSein erklärt er, wie sich das Projekt Lebensräume in den vergangenen Jahren entwickelt hat.

Herr Schachner, in Röckingen wurde 2016 das Projekt Lebensräume initiiert. Können Sie uns als Bürgermeister kurz erklären, wie es  dazu kam?

Begonnen haben wir 2016, als wir mit den Siebenern an Feldwegen, Gräben und Gewässerverläufen die Grenzen festgestellt  hatten, um zu erkennen, wo Handlungsbedarf besteht. Bei Gewässern 3. Ordnung haben wir Randstreifen neu hergestellt und bestehende  weiterentwickelt. Daraufhin wurde das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf uns aufmerksam, hat sich an den geplanten Maßnahmen  beteiligt und diese maßgeblich mitentwickelt. 2016/17 haben wir zusätzlich zu den Gewässer-Schutzstreifen weitere Blühflächen angelegt, von  denen wir mittlerweile 30 bis 35 im gesamten Gemeindegebiet haben. Zum Beginn jedes Jahres betreiben wir eine gewisse Grundpflege und  ergänzen bzw. verändern bei Bedarf.

Martin Schachner, Bürgermeister der Gemeinde Röckingen
Portrait-Herr Schachner

Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Projekt?

Wir haben als Gemeinde die Verpflichtung, uns um unsere Flächen zu kümmern. Wir haben diese Flächen zu verantworten und  wollen dies auch den Menschen, die die Flächen nutzen, vermitteln. Eine Fläche muss zum Beispiel nicht immer gemulcht werden, auch wenn das  vielleicht viele Jahre zuvor der Fall war. Für uns als Gemeinde hat die Fläche einen viel höheren Wert, wenn wir sie in eine gewisse Pflege im  Zusammenspiel mit Gewässerschutz und Wildlebensraum bringen. Damit können wir eine Artenvielfalt erreichen, die einerseits uns als Gemeinde  und andererseits auch den Insekten und Wildtieren guttut.

Röckingen wurde als Vorreiter für den Erhalt der Biodiversität betitelt. Inwieweit ist Röckingen bestrebt, auch die Nachbargemeinden  mit anzutreiben?

Zunächst versuchen wir unsere Arbeit zu machen. Sofern diese funktioniert und die gewünschten Ergebnisse erzielt, sind wir  sehr gerne bereit, diese auch den anderen Kommunen zur Verfügung zu stellen, damit diese unsere Erfahrungen nicht noch einmal sammeln  müssen. Im Idealfall wird dadurch ein Domino-Effekt erzielt.

Blühflächen liefern Nektar und Pollen und bieten Wildlebensraum für Insekten, Vögel und Wildtiere.
Gewässer sind durch Straßenverkehr, Industriegebiet und im Falle von intensiver Landwirtschaft vielfältigen Belastungen ausgesetzt.
Dadurch können Schadstoffe in das Grundwasser gelangen.
Die Randstreifen haben eine Filterfunktion zur Schonung natürlicher Ressourcen.
Der Bodenabtrag wird verringert und der Eintrag ins Gewässer vermieden.
Blühflächen liefern Nektar und Pollen und bieten Wildlebensraum für Insekten, Vögel und Wildtiere.

Die Aufwertung der kommunalen Flächen geschieht unter der fachlichen Begleitung der Unteren Naturschutzbehörde und der  Wildlebensraumberatung des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF). Neben der klassischen Beratung wird dabei auch  Hilfestellungen bei der Umsetzung angeboten. Im Gespräch mit FrankenSein erläutert Brigitte Geiß vom AELF die Zusammenarbeit.

Frau Geiß, Sie sind beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für die Wildlebensraumberatung zuständig. Was verbirgt sich  dahinter?

Vor einigen Jahren hatte man festgestellt, dass die Artenvielfalt auch im Offenland rapide zurückgeht. Dadurch, dass diese  landwirtschaftliche Fläche in Bayern einen nicht unwesentlichen Teil der Landesfläche ausmacht, besteht dort ein großes Potenzial, um Artenvielfalt  wieder zu schaffen. Aus diesem Hintergrund wurde die Wildlebensraumberatung 2015 installiert, die sich speziell darauf konzentriert, Arten- und  Strukturvielfalt zu fördern.

Brigitte Geiß, Ansprechpartnerin für Wildlebensraumberatung des AELF
Portrait-Frau Geiß

Welche Zwecke soll die Wildlebensraumberatung erfüllen?

Die Wildlebensraumberatung strebt eine bestmögliche Vernetzung von Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität in der  Kulturlandschaft an. Dies ist verbunden mit dem Ziel, Biotopverbünde aufzubauen und die Wirkung von Einzelmaßnahmen zu fördern. Konkret geht  es um die Schaffung und Verbesserung von Lebensräumen von Arten in der Kulturlandschaft, oder kurz zusammengefasst: Lebensräume verbessern,  Wildtiere fördern, Mensch und Natur verbinden.

Welche Idee steckt hinter dieser Beratung?

Die Idee ist, dass man in verschiedene Gremien aktiv reingeht und beispielsweise Jagdgenossenschaften auf sich aufmerksam macht.  Wir stellen die Förderprogramme, die wir anbieten, vor und entscheiden gemeinsam im konkreten Fall, welche Maßnahmen im Sinne der  Betriebsweise des jeweiligen Landwirts ergriffen werden. Uns geht es auch darum, Kleinstrukturen und Vernetzungen zu schaffen und nicht nur  zum Beispiel eine Wiese einzeln zu bearbeiten. Das ist nicht immer einfach, aber in Zusammenarbeit kann man vieles erreichen.

Die Erneuerung von bestehenden Hecken trägt zur Erhaltung und Entwicklung einer regionaltypischen Biodiversität bei.
Durch die Pflege der Hecken soll die Vielfalt des intakten und funktionsfähigen Landschaftsbilds erhalten werden.
Eine Hecke liefert durch ihre Wild-Lebensraum-Funktion einen maßgeblichen Beitrag zur Entwicklung der Artenvielfalt.
Wird auf die Pflege einer Hecke verzichtet, wächst diese in den anliegenden Acker hinein.
Wird eine Hecke nicht geschnitten, wird sie irgendwann zum Wald.
Die Erneuerung von bestehenden Hecken trägt zur Erhaltung und Entwicklung einer regionaltypischen Biodiversität bei.

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