Im Tucherschloss in Nürnberg können Besucher durch Klangwolken in die Vergangenheit reisen. Anders als bei einem Audioguide bestimmt der Hörer durch seine Schritte den Verlauf der Erzählung. Mithilfe der interaktiven App „Wundersame Wandlungen“ erlebt der Nutzer die Zeit des Dreißigjährigen Krieges und erhält einen Einblick in das damalige Leben.
Durch das Pilotprojekt „Wundersame Wandlungen“ des Poetischen Theaters sollen im Tucherschloss Kunst und Historie miteinander verknüpft werden. Es ist das erste interaktive Hörspiel der Gruppe aus Autoren, die sonst ihre Theaterstücke in Museen aufführen.
Bei der Audio-App handelt es sich um kein gewöhnliches Hörspiel, denn es existiert keine lineare Handlung. Die einzelnen Unterhaltungen kann der Hörer wie ein Puzzle zusammensetzen. Nötig ist dafür die GPS-gestützte App, welche die Audio-Bereiche im Renaissancegarten auf dem Smartphone anzeigt. Bewegt sich der Besucher auf die Wort- oder Klangwolke zu, werden die Geräusche und Unterhaltungen lauter. Ebenso verstummen diese wieder, wenn sich der App-Nutzer entfernt. „Der Hörer wird zum Akteur, der sich selbst Geschichten zusammenstellt und entscheidet, wie lange er etwas hört und welcher Unterhaltung er sich als nächstes nähert“, erklärt Holger Trautmann vom Poetischen Theater Nürnberg.
Renaissance und Gegenwart treffen aufeinander
„Wundersame Wandlungen“ besteht aus zwei Zeitebenen. So gibt es die Vergangenheit im Jahrhundert des Dreißigjährigen Krieges mit Hufgetrappel und Kanonenschüsse. Der Besucher hört Mono- und Dialoge der Tucher-Herrschaft und ihren Angestellten. Die Magd Marga berichtet etwa von ihrer schmerzlichen Liaison mit dem edlen Tucher und dem Tod ihres Kindes im 17. Jahrhundert:
Immer wieder folgt der Sprung in die Gegenwart: Diese stellt ein Paar dar, das sein erstes Date im Tucherschloss verbringt. Gemeinsam erkunden die beiden den Renaissancegarten und rätseln über die Architektur des Schlosses:
„Ziel des interaktiven Hörspiels ist es, dem Hörer ein Zeitgefühl zu geben und Bezüge zum Jetzt herzustellen“, erklärt Holger Trautmann. Die Texte wurden von ihm und weiteren Autoren des Poetischen Theaters geschrieben und eingesprochen. Insgesamt ein halbes Jahr hat es gedauert, bis die Geräusche und Unterhaltungen konzipiert und vertont waren. Um die technische Umsetzung der App kümmerte sich der aus Nürnberg stammende Medienkünstler Michael Markert. Bisher befinden sich die Klang- und Wortwolken nur in der Außenanlage des Museums. Für die Zukunft möchte das Poetische Theater Nürnberg sein Pilotprojekt „Wundersame Wandlungen“ auch auf die historischen Innenräumen des Tucherschlosses ausweiten. Zudem ist im Sommer eine Überarbeitung der App mit weiteren Sprechertexten geplant.