Flughafenbienen in Nürnberg: Kleine Helfer der Wissenschaft

Wenn vom Klimawandel die Rede ist, ist auch das Bienensterben nicht weit. So ist das Imkern in den letzten Jahren auch immer häufiger im Diskurs aufgetaucht. Auf dem Gelände des Nürnberger Flughafens gibt es seit 2003 ebenfalls eine Imkerei – allerdings aus einem ganz anderen Grund: zum wissenschaftlichen Honigmonitoring.

Die Julisonne knallt unermüdlich auf das Rollfeld des Nürnberger Flughafens. Überall fahren Busse, Kleintransporter und Kofferwagen herum. Erwin Schmidt, seit 1996 Instandhaltungsleiter für Kommunikationstechnik am „Airport Nürnberg“, belädt gerade sein silbernes Flughafenauto. Im Kofferraum liegen neben einigen orangefarbenen Warnwesten ein alter Smoker, eine rote Stockmeißel und ein leicht vergilbter Imkerblouson, denn: Erwin Schmidt ist auf dem Weg zu seinen Flughafenbienen. Die Fahrt geht vorbei an einigen Bussen gefüllt mit Passagieren, Flugzeugen, die noch schnell betankt werden, und den roten Wägen der Flughafenfeuerwehr. Eine weitere Kurve nach links führt direkt hinein in einen Waldweg, vom Flughafenfeeling ist plötzlich kaum mehr etwas zu spüren. Nur noch aus der Ferne ist das hohe Piepen von Lastern und das tiefe Surren der Flieger zu hören. Erwin Schmidt fühlt sich hier wohl, das sieht man ihm sofort an. Kein Wunder, denn der Hobbyimker ist mit Bienen groß geworden, schon Großvater und Vater hatten welche. Seit 37 Jahren hat Erwin Schmidt auch seine eigenen Völker, um die er sich kümmert. So überlegte er 2003 nicht lange, als er gefragt wurde, ob er sich nicht auch um die Bienenvölker des Airport Nürnbergs betreuen wollte.

Flughafenbienen für die Wissenschaft und nicht als Werbemittel

Dem Flughafen ging es damals wie heute nicht darum, als neues, innovatives Werbemittel Flughafenhonig zu verkaufen, sondern um das Konzept des „Honigmonitorings“. Bei dieser Forschungsmethode soll untersucht werden, wie sehr ein Gebiet um den Flughafen herum von Luftschadstoffen befallen ist und wie sich dies auf die Vitalität der Lebewesen auswirkt. Die im Umkreis von drei Kilometern, so der Flugradius einer Biene, gesammelten Pollen, der Honig und das Wachs werden von zwei unabhängigen Stellen untersucht. Besonderes Augenmerk liegt darauf, welche Schadstoffe auf den Flughafenverkehr zurückgeführt werden können und welche schlicht auf die Geländegegebenheiten, erklärt Dieter Herold, Leiter der Umweltabteilung. Nürnberg war nach Hamburg einer der ersten Flughäfen in Europa, der diese Methode für sich entdeckte. Mittlerweile beschäftigen sich zehn Flughäfen europaweit mit „Honigmonitoring“.

Jeder Flughafen hat andere Bedingungen. Wir haben in Nürnberg den Standortvorteil, draußen in freiem Raum zu liegen.
Dieter HeroldLeiter der Umweltabteilung

Seit 16 Jahren könne nachgewiesen werden, dass keine Schadstoffe gefunden werden konnten, berichtet Dieter Herold stolz weiter. Doch, dass die Werte für Nürnberg so positiv sind, liegt auch an der Lage des Flughafens mitten in der Natur. Ein klarer Standortvorteil gegenüber anderen Flughäfen Europas.

Die Angst vor Bienenstichen am Flughafen war am Anfang groß

Die größte Sorge der Kollegen sei die Angst vor Stichen gewesen, erzählt Erwin Schmidt mit einem Schmunzeln, während er sich seinen Imkerblouson überzieht und sich an die Anfangszeit erinnert. Doch er konnte sie schnell vom Gegenteil überzeugen und außerdem freuten sich die Jubilare jedes Jahr über ein Glas Flughafenhonig. Direkt neben den Bienenkisten ist jedoch durchaus Vorsicht geboten. Erwin Schmidt beginnt jetzt mit dem Smoker etwas Rauch auf das Bienenvolk zu sprühen: „Wenn die Bienen Rauch bemerken, dann bedeutet das für sie Gefahr. Dann versuchen sie schnell den Honig aufzunehmen, um zu flüchten. Doch zu viel Honig macht sie auch träge und sie stechen nicht mehr so.“ Mit seiner Stockmeißel hebt Erwin Schmidt ein Wabenrähmchen aus und betrachtet seine Bienen. Etwa 40.000 Bienen hat sein Stock zur Zeit.

Der Klimawandel ist auch bei den Bienen angekommen

Die beiden Kästen mit den Bienenvölkern stehen versteckt zwischen ein paar Bäumen. Während Schmidt sich umsieht, runzelt er die Stirn. Mittlerweile seien sämtliche Obstblüten schon Ende April abgeblüht, so früh wie dieses Jahr habe er es noch nie erlebt, erzählt er nachdenklich. Für die Bienen sei das schlecht, denn im April seien sie noch nicht so stark wie in den folgenden Monaten und so komme auch weniger Honig zusammen. Und noch eine weitere groteske Feststellung hat Schmidt in den letzten Jahren gemacht:

Es ist leider so, dass man im Stadtgebiet eigentlich fast besser imkern kann als auf dem Land draußen. Dort sieht man keine blühenden Pflanzen mehr, auf den Wiesen wachsen Monokulturen oder sie sind abgemäht. Die Blüten kommen teilweise nicht mal mehr zum Blühen.
Erwin SchmidtInstandhaltungsleiter für Kommunikationstechnik und Imker am Flughafen

Dagegen seien in der Stadt mit den vielen kleinen Balkonen und Gärtchen deutlich mehr Sammelmöglichkeiten gegeben. Deswegen sieht Erwin Schmidt mittlerweile sein Hobby erst recht als wichtigen Beitrag gegen den Klimawandel und zum Schutz der Bienen an. Und natürlich gibt es nichts schöneres, als ein Glas selbst gemachten Honig in der Hand zu halten.

Erwin Schmidt demonstriert seinen Smoker
Durch den Rauch werden die Bienen stechfaul
Jetzt kann sich Schmidt dem Bienenvolk nähern
Mit seinem Stockmeißel holt Schmidt ein Wabenrähmchen aus der Kiste
In einer Kiste leben mehrere tausend Bienen
Der Smoker von Erwin Schmidt
Jetzt kann Schmidt wieder aus seinem Imkerblouson schlüpfen

Luisa Filip, Anne Rauh, Elisabeth Ries

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