Der Europäische Wasserscheideweg: Wanderschatz für alle Sinne

Wer im Frühjahr, Sommer oder Herbst gerne seine Wanderschuhe schnürt, der findet auch in Franken unzählige Wege durch die Natur. Einer davon führt auf 97 Kilometern Länge von Ansbach nach Schnelldorf: Der Europäische Wasserscheideweg hat neben seiner beeindruckenden Landschaft mit vielen Aussichts-Hotspots auch eine bewegende Geschichte zu bieten.

Eine leichte Brise Wind weht durch das Haar, unter den Schuhen knirschen die Steine des Weges, die Luft riecht nach goldenem Herbst: Wandern ist ein Erlebnis für alle Sinne, Abschalten und Entspannen kann dabei selbst der größte Quälgeist. Kein Wunder also, dass sich der bei jungen Leuten leicht aus der Mode gekommene Sport heutzutage wieder großer Beliebtheit erfreut. Für eine ausgiebige Tour muss es jedoch nicht gleich der Jakobsweg sein. Auch vor unserer Haustür gibt es viele unentdeckte Wanderschätze. Einer davon ist der Europäische Wasserscheideweg von Ansbach nach Schnelldorf. Der Pfad berührt immer wieder Punkte, an denen das Wasser entweder gen Norden fließt oder sich einen Weg Richtung Süden bahnt, die sogenannte Wasserscheide. Das Naturphänomen sorgt in unserer Heimat für eine reichhaltige Vegetation.

In Lengenfeld steht die Garage von Paul Osti genau auf einem solchen Scheidepunkt. Auf Höhe des Giebels trennt sich das Wasser zu beiden Dachseiten. Eine Rinne entwässert in die Nordsee, die andere ins Schwarze Meer. Besitzer Osti hat diese Besonderheit mit einem Gemälde an der Wand verewigt. So kann jeder Wanderer schon von weitem bestimmen, auf welcher Seite der Wasserscheide er sich befindet. Je nachdem, von wo er sich Ostis Garage nähert.

Naturerlebnis in mehreren Tagen

Der Pfad, der seit 2008 das Siegel eines Qualitätswanderweges trägt, lässt sich am besten in fünf Etappen bestreiten. Die erste Route führt von der Residenzstadt Ansbach hinaus über Feldwege und Wälder ins malerische Colmberg. Über dem Ort erhebt sich die 1000 Jahre alte Hohenzollernburg. Schon allein wegen der Aussicht lohnt sich ein Abstecher den kleinen aber feinen Berg hinauf. Oben angekommen, lädt der dortige Biergarten zum Verweilen ein. Im Ort befindet sich außerdem das Informationszentrum zum Naturpark Frankenhöhe, ebenso wie die zentrale TouristInformation für den gesamten Europäischen Wasserscheideweg.

Von Colmberg geht es auf einer Länge von 21 Kilometern weiter Richtung Wildbad. Der Weg führt hinauf ins Gebiet der Hohen Steig. Dort fällt die Frankenhöhe in Richtung Norden mit einem Höhenunterschied von 150 Metern steil ab. Ein grandioser Ausblick belohnt schwitzende Wanderer für die Tortur bergauf. Oberhalb von Marktbergel gibt der Wald die Sicht nach Norden frei. Von hier kann man über das obere Aischtal, den Steigerwald und bei entsprechendem Wetter sogar bis zu den Ausläufern der Rhön blicken. Das wenige Schritte entfernte Wildbad zählte einst zu den alten Mineralbädern Deutschlands. Hier erholten sich zu seiner Zeit die Ansbacher Markgrafen von der anstrengenden Regierungsarbeit. Heute beherbergen die historischen Gebäude einen Gasthof – perfekt für eine kleine Rast.

Barfuß mitten im Wald

Die dritte Etappe fällt mit circa 15 Kilometern Richtung Süden im Vergleich zu den vorhergegangenen Touren etwas kürzer aus. Ein besonderes Highlight sind kurz vor Nordenberg das Waldschwimmbad sowie der nahegelegene Barfußpfad. An heißen Sommertagen können Wanderer ihren Füßen eine kurze, sinnliche Abkühlung gönnen. Wer Obernordenberg erreicht, befindet sich genau auf der Europäischen Wasserscheide und genießt einen schönen Blick bis nach Rothenburg ob der Tauber. Ein Stückchen weiter findet sich in Linden eine Infotafel über die Europäische Hauptwasserscheide. An diesem Punkt fließt das Wasser nach Westen über Tauber und Aisch in den Main sowie nach Norden über den Rhein in die Nordsee. Der Zulauf der Altmühl rinnt Richtung Süden zur Donau und gelangt dann nach mehreren Wochen ins Schwarze Meer.

Jagdfalken warten auf Besucher

Nach einer kurzen Rast in Neusitz geht es auf 19 Kilometern Länge weiter nach Schillingsfürst. Beim Golfplatz in Schönbronn führt der Weg hinauf auf den Kühberg, ein Naturschutzgebiet mit einer sehr schönen Aussicht. Im Ort sticht das im Jugendstil erbaute Hessingsche Hofgut als auffallendstes Gebäude heraus. Eine Einkehr in dem Gasthaus lohnt sich. Am Ziel in Schillingsfürst warten außerdem am Schlossberg beeindruckende Greifvögel auf neugierige Besucher. Der dortige Jagdfalkenhof ist eine Rarität in ganz Mittelfranken.

Auf der letzten Tour nach Schnelldorf können sich Wanderliebhaber auf einer Länge von 20 Kilometern noch ein letztes Mal so richtig verausgaben. Der Weg windet sich am Waldhang entlang, schroffe Steilabbrüche sorgen für den nötigen Nervenkitzel. Ein Abstecher zur St. Jakobskirche in Wildenholz bietet einen Blick auf sehenswerte Fresken. Ein überlebensgroßes Bildnis an der Nordwand zeigt den Heiligen Christopherus, Schutzpatron von Wanderern und Pilgern. Bevor man in Schnelldorf kaputt und ausgelaugt in den Zug nach Hause springt, winkt wenige Kilometer vor dem Ziel noch eine erfrischende Belohnung: ein Sprung in den idyllisch gelegenen Erlensee. Wer nämlich auf den Spuren des Wassers wandelt, der darf das kühle Element am Ende auch genießen.

Eva Orttenburger

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