Jedes Jahr findet im fränkischen Markt Nennslingen am dritten Adventssonntag der kleine Weihnachtsmarkt „die Begegnung unter dem Weihnachtsbaum“ statt. Die Grundschule sorgte auch in diesem Jahr für musikalische und szenische Darbietungen, Vereine bauten Stände auf und boten Geschenkartikel, Bastelarbeiten, Glühwein und Würstchen an. Ab 18:45 Uhr begann das Programm unter dem Weihnachtsbaum. Der Nennslinger Bürgermeister Günter Obermeyer erklärt im Interview, warum sich für die kleine Gemeinde Jahr für Jahr der große Aufwand lohnt – finanzielle Aspekt spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle.
FrankenSein: Was ist an Weihnachten typisch für Nennslingen und die Region?
Günter Obermeyer: Wir haben im Verwaltungsgemeinschaftsbereich vier Gemeinden: Bergen, Burgsalach, Raitenbuch und Nennslingen. Wir haben uns abgesprochen, an jedem Adventswochenende in einer Gemeinde eine weihnachtliche Aktivität stattfinden zu lassen. In Burgsalach am ersten Wochenende, in Raitenbuch am zweiten Wochenende, in Nennslingen am dritten und in Bergen am vierten. Darüber hinaus finden zusätzlich einige kulturelle Ereignisse statt, ich erinnere mich da beispielsweise an das Weihnachtskonzert hier in Nennslingen, das jedes Jahr stattfindet und vor allem für alle Musikliebhaber interessant ist.
FrankenSein: Wie lange gibt es die „Begegnung unter dem Weihnachtsbaum“ mittlerweile schon?
Günter Obermeyer: Seit 38 Jahren, also seit 1979. Sie wurde damals vom verstorbenen Horst Hauck ins Leben gerufen, dem ich dafür sehr viel Beifall zollen muss. Ein Konrektor, dann Rektor an der Spalter Volksschule, ein Nennslinger, der auch im Gemeinderat Jahrzehnte lang als zweiter Bürgermeister aktiv war und der als Chorleiter und Kirchenorganist auch musikalisch sehr viel gemacht hat. Ihm ist viel daran gelegen, diesen musikalischen und begegnerischen Aspekten hier im Dorf auch an Weihnachten ein gewisses Standing zu verschaffen.
FrankenSein: Was bedeutet der Weihnachtsmarkt für Nennslingen?
Günter Obermeyer: Es gibt sehr viele Märkte, die mehr als einen Tag gehen und die diesen wirtschaftlichen Charakter haben. Gut, das ist ein Kriterium, das man braucht, weil die Standbesitzer ja auch etwas verkaufen wollen. Bei uns ist es aber eher so, dass die eigentliche Begegnung, das Zusammenkommen von den Leuten, im Vordergrund steht. Wenn der Posaunenchor bläst und der Gesangverein ein paar Lieder singt, kann man bei einem stimmungsvollen Ambiente am Marktplatz gut zueinander finden. So können die Besucher bei einem Glühwein, einem Würstchen und ein paar kleinen Sachen zum Einkaufen Ruhe finden, die sie vermissen würden, wenn sie ständig dahinter sein müssten, alle Stände abzulaufen. So genießt man einfach zwei Stunden, in denen man in Kontakt mit Leuten kommt, die man sonst das ganze Jahr über nicht trifft.
FrankenSein: Welcher ist Ihr Lieblingsstand und warum?
Günter Obermeyer: Für mich ist das der Arche Noah-Laden, weil ich selbst das ganze Jahr über selten reinkomme. Gerade an der „Begegnung unter dem Weihnachtsbaum“ finde ich mit meiner Frau immer wieder originelle Artikel, die auch zum Großteil aus afrikanischen Ländern kommen. Jedes Jahr bleibt ein Schmuckstück hängen, bei dem der ideelle Wert im Vordergrund steht. Aber ich will die anderen Stände in keinster Weise abwerten.
FrankenSein: Wie viele Besucher hat der Nennslinger Weihnachtsmarkt?
Günter Obermeyer: Ich stehe immer oben auf der Veranda, von dort aus kann man das schön überblicken. Es ist natürlich wetterabhängig, aber die letzten Jahre hatten wir immer Glück. Ich würde sagen, dass sich ungefähr 250 bis 300 Leute in der stärksten Zeit tummeln.
FrankenSein: Ist der Markt auch unter jüngeren Leuten populär? Was zieht Jugendliche an diesem Abend zur Begegnung?
Günter Obermeyer: Ich glaube, die Popularität unter den jungen Leuten kommt zum einen daher, dass sie meistens schon zu Grundschulzeiten mitgemacht haben. Von meinen eigenen Kindern weiß ich noch sehr gut, wie sie mehrere Jahre mit musikalischen und szenischen Darbietungen unseren Besuchern eine Freude gemacht haben. Dort haben sie dann jedes Jahr alle ihre Schulfreunde getroffen und ich glaube, das setzt sich später auch bei der Landjugend fort, weil sie beim Verkauf in ihrem Stand währenddessen auch ein bisschen Musik hören und in Weihnachtsstimmung kommen.
FrankenSein: Was bedeutet für Sie persönlich die Adventszeit in Franken?
Günter Obermeyer: Weihnachten ist in Franken gelebte Tradition. Zum einen aus der Gemeinschaft heraus, wo das Zusammenkommen von Familienmitgliedern eine wichtige Rolle spielt und zum anderen im Allgemeinen, wenn man gedanklich das abgelaufene Jahr Revue passieren lässt und gespannt auf das Neue schaut. Es ist ein Zur-Ruhe-kommen in unserer doch immer hektischer werdenden Welt, wo die entsprechenden Freizeitphasen, wo man sich auch einfach mehr Zeit füreinander gönnt, immer weniger werden. Das ist natürlich auch dem Leben mit den neuen Medien geschuldet. Die Menschen sind ständig erreichbar und werden mit einer derartigen Reizüberflutung konfrontiert, die sich vor allem die letzten beiden Jahrzehnte stark ausgeprägt hat.
Für mich zählt in Nennslingen die Gemeinschaft. Wir wollen an Weihnachten zusammen etwas Schönes machen und fühlen uns als „Metropole am Jura“ ja auch ein Stück weit dazu verpflichtet. Wir wollen diesbezüglich unseren Standort, sprich unseren schönen Marktplatz, auch ein bisschen aufwerten, sollten aber natürlich trotzdem allem voran nicht vergessen, dass wir im Schatten der Kirche auch an das Weihnachtsfest aus dem christlichen Glauben heraus denken müssen.