Wo einst eine Rothenburger Berühmtheit lebte

Die roten Holzbalken des Fachwerkhauses in der Galgengasse 47 in Rothenburg ob der Tauber stechen aus dem nebeligen, grauen Herbstwetter heraus. Den düsteren Innenhof erhellt eine alte Eisenlampe. Die letzten Jahrzehnte haben Spuren an der Fassade des Hauses hinterlassen: Der steinerne Rundbogen der Haustür ist voller Risse und Einkerbungen. Während das Gebäude heute ein dreistöckiges Familienhaus ist, wohnte früher der Künstler Adam Hörber in dem ursprünglichen Anwesen.

Zeichnung des Originalhauses

Ehemaliger Hausbesitzer war Rothenburger Ehrenbürger

Noch heute ist der Kopf von Adam Hörber auf der äußeren Fassade abgebildet. Sein bärtiges Gesicht aus Eisen blickt von der Gebäudewand herab. Der Glasermeister, der 1827 in Rothenburg geboren wurde, kaufte im Jahr 1857 nach seiner Gesellenwanderschaft das Haus. Der Handwerker stammte aus einfachen Verhältnissen, begeisterte sich aber für das Theater. Seine Liebe zur Kunst soll so groß gewesen sein, dass er lieber hungerte, als ein Stück zu verpassen. Zur Berühmtheit wurde Adam Hörber durch sein Festspiel „Der Meistertrunk“. Das historische Theaterstück wird noch heute einmal jährlich in seiner Heimatstadt aufgeführt und ist seit 2016 ein anerkanntes immaterielles UNESCO-Kulturerbe. Das Stück handelt vom Dreißigjährigen Krieg und der Einnahme der Stadt Rothenburg am 30. Oktober 1631. Für sein Festspiel erhielt der Künstler, der zudem 22 Jahre die Stadt Rothenburg im Mittelfränkischen Landtag vertrat, das Ehrenbürgerrecht seiner Vaterstadt. Das bayerische Königshaus verlieh Adam Hörber zudem im Jahr 1902 die goldene Medaille für Kunst und Kultur. In seinem Haus in der Galgengasse lebte er bis zu seinem Tod 1905. Im zweiten Weltkrieg wurde das Anwesen zerstört.

Historisches Gebäude verursacht hohe Kosten

Aus alten Baudokumenten weiß Tanja Peterson, wann der Baubeginn des jetzigen Gebäudes stattfand: „Bereits kurz nach dem Krieg begann man 1945 mit dem Wiederaufbau.“ Seit zehn Jahren besitzt die fünfköpfige Familie Peterson das Haus. „Das ursprüngliche Gebäude von Adam Hörber war komplett zerstört. Nur unser Keller ist der vom ersten Bau“, erklärt die 47-Jährige. Auf die Frage, was das Fachwerkhaus für sie bedeutet, antwortet Tanja Peterson knapp: „Eigentum und ein Haufen Geld.“ Für das Gebäude fallen immer wieder Reparaturarbeiten wie neue Fußböden, Fenster oder in Zukunft das Ziegeldach an. „Es ist schon toll, so ein altes Fachwerkhaus zu besitzen, es macht aber auch viel Arbeit und frisst viel Geld“, betont die aktuelle Hausbesitzerin.

Tanja Peterson

Momentan steht, wie bei allen Häusern der Rothenburger Altstadt, nur die äußere Fassade unter Denkmalschutz. Veränderungen müssen mit der Stadt abgesprochen werden. Bisher möchte die Familie nicht beantragen, das ganze Haus unter Denkmalschutz stellen. Zu groß ist die Angst vor weiteren Auflagen. „Die Stadt hat uns auch finanzielle Unterstützung angeboten, für uns bringt der Denkmalschutz bisher jedoch eher Nach- als Vorteile. Aber wer weiß, vielleicht ändern wir unsere Meinung in Zukunft“, sagt Tanja Peterson.

Franziska Roos

Alisa Zellner

Walid Sousa

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